Synthetische Moschusverbindungen: Abnehmende Konzentrationen künstlicher Duftstoffe in Fischen zeigen Verbrauchsänderungen an
Polyzyklische Moschusverbindungen sind synthetische Duftstoffen, die in Körperpflegemitteln, Wasch- und Reinigungsmitteln, Papier und Textilien eingesetzt werden. Über Abwässer und Klärschlämme gelangen sie in die Umwelt. Einige Moschusverbindungen sind bioakkumulierend, endokrin wirksam und toxisch für aquatische Organismen. In Brassen aus deutschen Fließgewässern und Miesmuscheln aus Nord- und Ostsee dominierten die polyzyklischen Moschusverbindungen HHCB (Handelsname: Galaxolid) und AHTN (Handelsname:Tonalid). Im Untersuchungszeitraum 1986-2003 waren Brassen deutlich stärker belastet als Miesmuscheln. Generell ist eine Abnahme der Belastung seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachten.
Zu den wirtschaftlich wichtigsten polyzyklischen Moschusverbindungen gehören HHCB und AHTN. Beide Verbindungen werden nur zum Teil in Kläranlagen abgebaut, und können in Kläranlagenabläufen nachgewiesen werden. AHTN, nicht aber HHCB, wird durch UV-Strahlung weiter abgebaut. Da beide Stoffe lipophil sind, können sie sich in Organismen anreichern.
Um die Belastung aquatischer Organismen in deutschen Gewässern zu erfassen, wurden Brassen aus verschiedenen deutschen Fließgewässern und Miesmuscheln aus Nord- und Ostsee im Rahmen eines retrospektiven Monitorings auf AHTN und HHCB untersucht.
Belastung von Miesmuscheln
HHCB und AHTN wurden in allen Muschelproben aus der südlichen Nordsee (Eckwarderhörne) nachgewiesen. Die Konzentrationen lagen bei 0,52 - 1,7 ng HHCB/g Frischgewicht (FG) und 0,39 - 2,5 ng AHTN/g FG. Bis Mitte der 1990er Jahre dominierte AHTN, in den Folgejahren lagen die HHCB-Konzentrationen höher. Miesmuscheln aus der Ostsee wiesen generell niedrigere AHTN- und HHCB-Gehalte auf.
Belastung von Brassen aus deutschen Fließgewässern
Verglichen mit Miesmuscheln waren Brassen bis zu 1000 Mal stärker mit HHCB und AHTN belastet. Der Grund hierfür dürfte die höhere Exposition von Brassen durch Kläranlagenabläufe sein (geringere Verdünnung). Die Konzentrationen von HHCB waren dabei durchgehend höher als von AHTN (um Faktoren von 2 bis 17). Die höchsten Gehalte fanden sich Mitte der 1990er Jahre bei Brassen aus der Saar (bis 2005 ng HHCB/g FG und 605 ng AHTN/g FG). An allen Probenahmeflächen nahmen die Belastungen mit polyzyklischen Moschusverbindungen seit Mitte der 1990er Jahre ab.
Bedeutung der Ergebnisse
Die Belastung von Miesmuscheln und Brassen durch die polyzyklischen Moschusverbindungen HHCB und AHTN nahm bis 2003 ab. Dies ist wahrscheinlich auf rückläufige Verbrauchssmengen durch den Einsatz von Ersatzstoffen zurückzuführen.
Aber was bedeutet die Anwesenheit dieser Stoffe im Gewässer für aquatische Organismen? Die aus den Fischgewebekonzentrationen extrapolierten Wasserkonzentrationen lagen bis 2003 unterhalb der jeweiligen für aquatische Organismen kritischen Konzentrationen (PNEC - predicted no effect concentration). Für deutsche Fließgewässer wurden im Rahmen dieser Studie maximale Wasserkonzentrationen von 3,2 µg HHCB/L und 1,0 µg AHTN/L errechnet, während die PNEC für Süßwasserorganismen bei 4,4 µg HHCB/L und 2,8 µg AHTN/L liegt. Damit ist eine direkte Gefährdung der aquatischen Umwelt durch diese Verbindungen im Untersuchungszeitraum unwahrscheinlich.
Aktualisiert am: 12.01.2022
Empfohlene Steckbriefe
Probenarten
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Bioindikator in Fließgewässern und Seen
Analyte
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Gruppe synthetischer Duftstoffe
Probenahmegebiete
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Kernraum der Saarländischen Industrieregion an der Großschifffahrtsstraße Saar
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Längster Fluss Deutschlands
Weiterführende Informationen
Literaturangaben
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Verfolgung von Umweltbelastungen durch Moschusverbindungen in repräsentativen Umweltproben - Teil I
Böhmer, Walter; Müller, Josef; Bernhardt, Thorsten
Schmallenberg, Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, 2005
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Verfolgung von Umweltbelastungen durch Moschusverbindungen in repräsentativen Umweltproben - Teil II
Wenzel, Andrea; Lepper, Peter
Schmallenberg, Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie, 2005
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Retrospective monitoring of synthetic musk compounds in aquatic biota from German rivers and coastal areas
Rüdel, Heinz; Böhmer, Walter; Schröter- Kermani, Christa
J. Environ. Monit. 8 (2006), 812-823, 2006